von Tobias Strößenreuther
Das Leben in der Stadt erlebt eine Renaissance. Der begrenzte Raum in einer Stadt wie Frankfurt wird somit zeitgleich wertvoller, seine Nutzung immer mehr zum Gegenstand engagierter Diskussionen.
Wie wollen wir künftig im urbanen Raum leben? Wofür wollen wir den Raum nutzen? Wem gehört denn eigentlich dieser Raum? Wie wollen wir mobil sein und welchen Preis sind wir als Gesellschaft bereit für unser aller Mobilität zu zahlen?
Beispielhaft beschreibt ein Artikel in der FNP Anfang August 2018 die Gefühlslage einer Stadt im Wandel aus der traditionellen Windschutzscheiben-Perspektive. Eine lokale Einzelhändlerin und Gastronomin befürchtet auf Grund eines verringerten PKW-Parkplatzangebotes empfindliche Umsatzeinbußen. Vier PKW-Parkplätze wurden zu Gunsten von 19 Fahrrad-Parkbügeln entfernt. Der Umbau erfolgte auf Basis eines über vier Jahre alten Antrages vom zuständigen Ortsbeirat und offenbar ohne Kommunikation mit den Anliegern.
Die Folge: Gastronomie und Einzelhandel fürchten eine sinkende Attraktivität ihrer Geschäfte und massive Umsatzeinbußen.
Im Kern geht es um die Frage, ob wir öffentlichen Raum für (kostenlose) PKW-Parkplätze reservieren wollen, damit Kunden, beispielsweise für ein günstiges Mittagessen von außerhalb mit dem eigenen PKW in die Stadt fahren können – während sich andere Kundengruppen, Anwohner, Rad- und Fussverkehr mit den verbleibenden Restflächen begnügen müssen. Wollen wir als Stadtgesellschaft auch künftig solchen privaten Autoverkehr subventionieren?
Die Erträge aus Kfz-Steuern und weiteren Kfz-bezogenen Abgaben decken die Kosten für den Verkehrsträger Auto nicht annähernd. Für die Mehraufwendungen für Infrastruktur, Umwelt-, Gesundheits- und Unfallschäden muss die Gemeinschaft aufkommen. Laut aktuellen Studien kostet jeder Kilometer im eigenen Auto die Gemeinschaft rund 16 Cent. Nicht einkalkuliert sind Kosten und nicht generierten Erträge für den Flächenverbrauch des ruhenden Verkehrs.
Versuchen wir neu zu denken: Perspektivenwechsel!
Im schönen Sachsenhausen, am ruhigeren Ende der Schweizer Strasse Ecke Textor Strasse genießen Einheimische, Neigeschmeckte und Gäste einen Vorgeschmack auf ein noch lebenswerteres Frankfurt der Zukunft. Wo sich früher Anwohner , Kunden zu Fuß und Eltern mit Kinderwagen kaum einen Weg zwischen geparkten Autos bahnen konnten, ist durch die „Umwidmung öffentlicher Fläche von PKW-Parkplätzen zu Fläche für Fuß- und Radverkehr“ einfach eine kleines Stück Frankfurt seinen Bewohnern zurückgegeben worden.
Wo zuvor einige wenige ihr Auto abstellen konnten, ist nun Platz für viele. Von der verbesserten Aufenthaltsqualität profitieren auch die zu Anfang besorgten Einzelhändler. die befürchteten Umsatzeinbußen sind ausgeblieben.
Es wiederholen sich Erfahrungen und Lerneffekte aus anderen Städten, wonach der Wegfall von PKW Parkplätzen keinesfalls zum Untergang der lokalen Wirtschaft führen muss. Erinnern wir uns an unsere eigene Geschichte: Als die Zeil in den 1970ern zur Fußgängerzone umgestaltet wurde, prophezeiten viele den Untergang von Einzelhandel und Gastronomie. Es kam anders.
Unsere Stadt ist im Wandel. Nicht jede Umverteilung von Straßen- und Parkflächen war automatisch erfolgreich. Doch die Erfahrungen aus London, Kopenhagen, Madrid, Wien und vielen weiteren Städten zeigen deutlich dass die lebenswerte und ökonomisch erfolgreiche Stadt der Zukunft nicht mehr den motorisierten Individualverkehr priorisiert, sondern das Potential des ÖPNV, Fuss- und Radverkehrs für sich erschließt.
Vielen Dank an die FNP dass Sie uns mit ihrem Beitrag auf diese beispielhafte Geschichte aufmerksam gemacht haben. So haben wir ganz nebenbei auch das „Il Gusto“ für uns entdeckt. Der Mittagstisch ist wirklich lecker, frisch, hochwertig zubereitet und dabei günstig. Aus der City ist man mit dem Rad in wenigen Minuten vor Ort und kann sein Rad direkt vor der Tür sicher parken.
Gerne zur Nachahmung empfohlen!
Tobias Strößenreuther ist tätig bei Main Mobility GmbH und Unterstützer des Radentscheid Frankfurt.