Problemstelle Kreuzungen
Für Radfahrer:innen und Fußgänger:innen stellen Straßenkreuzungen die größten Gefahrenpunkte im städtischen Verkehr dar. Abbiegeunfälle an Kreuzungen enden für sie oft tödlich.
Nach wie vor werden in Deutschland große Kreuzungen mit dem vorrangigen Ziel gestaltet, den motorisierten Verkehr möglichst störungsfrei fließen zu lassen. Insbesondere die gleichzeitige Signalisierung von abbiegenden Kfz und geradeaus fahrenden Radler:innen und Fußgänger:innen zur Minimierung der Rotphasen führen oft zu schweren oder tödlichen Unfällen. Kleine, nicht ampelgeregelte Kreuzungen, die sich oft in Tempo 30 Zonen befinden, sind weniger gefährlich als die großen Knotenpunkte, aber zugeparkte und unübersichtliche Kreuzungsbereiche sowie Kurvenradien, die ein sehr schnelles Abbiegen ermöglichen, stellen Gefahrenpunkte für Radfaher:innen besonders aber auch für Fußgänger:innen dar.
Kleine Kreuzungen – nicht ampelgeregelt, höchstens 1 Fahrspur je Richtung, meist Tempo 30
Erfreulicherweise gibt es in Tempo-30-Zonen mittlerweile viel Rad- und Fußverkehr. Selbstverständlich wünschen sich alle Verkehrsteilnehmer:innen ein sicheres und angenehmes Fortbewegen. Allerdings gibt es an vielen Kreuzungen Konflikt- und Gefährdungspotentiale. Für die objektive und subjektive Sicherheit ist es von zentraler Bedeutung, dass sich Verkehrsteilnehmer:innen früh genug sehen und dass die Kreuzungen ohne Hindernisse passiert werden können. Dazu müssen die Kreuzungen baulich so gestaltet sein, dass freie Sichtbeziehungen gewährleistet sind und Geschwindigkeiten reduziert werden.
Zusätzlich finden es viele Fußgänger:innen zurecht nicht akzeptabel, dass sie sich an Kreuzungen durch einen kleinen Bereich durchschlängeln sollen, der oft mit Fahrrädern, E-Rollern oder sogar Kleinkrafträdern zugestellt ist. Wo normale Fußgänger:innen Schlangenlinien gehen müssen, ist für Rollstuhlfahrende und Menschen mit Rollatoren oder Kinderwagen oft gar kein Durchkommen möglich.
Darüber hinaus ist es mittlerweile an vielen Stellen ein normales Bild, dass Lieferdienste, insbesondere Paketdienste, im Kreuzungsbereich oft auch auf Sperrflächen und Zebrastreifen stehen.
Das Anliegen des Radentscheid Frankfurt besteht darin, für kleine Kreuzungen ein übergeordnetes Konzept zu entwickeln, das sich mit kleinen Modifikationen, an möglichst vielen kleinen Kreuzungen im Stadtgebiet umsetzen lässt.
Unsere Lösung: die Frankfurt Kreuzung Siglinde
Im Namen ‘SiGlinde’ verbergen sich gleich drei Schlagworte, die für alle Kreuzungen in Wohnvierteln gelten sollten: Si wie sicher, Gl wie gleichberechtig und linde wie lindgrün.
SiGlinde ist sicher für alle Verkehrsteilnehmenden und gleichberechtigt, egal welche Mobilitätsform gewählt wurde. Da jede Kreuzung auch öffentlicher (Stadt-)Raum ist, trägt SiGlinde durch die Integration neuer Grünflächen, Baumpflanzungen und Sitzelemente zur Verbesserung des Mikroklimas und einer höheren Aufenthaltsqualität bei.
SiGlinde ist für alle Menschen gut nutzbar, das heißt Menschen, die bewegungseingeschränkt sind und Kinder wurden genauso bedacht wie Autofahrende oder Lieferdienste.
Unsere geforderten Standards für kleine Kreuzungen
// Der Kreuzungsbereich ist baulich so gestaltet, dass freie Sichtachsen gewährleistet sind und der in der StVO angegebene 5-Meter-Bereich zwingend freigehalten wird. In diesem Bereich werden auch keine Fahrradbügel angeordnet, da diese insbesondere für Kinder und Rollstuhlfahrer:innen eine Sichtbehinderung darstellen. Diese Bereiche (Sperrfläche/Gehwegnase) sind gegen regelwidriges Parken zu sichern (Poller, Sitzwürfel, etc.). Das gilt grundsätzlich auch für die lange Seite von T-Kreuzungen – auch wenn dort keine Straßeneinmündung ist, soll eine sichere Querungsmöglichkeit geschaffen werden.
// Die Kurvenradien sind so klein wie möglich (Müllfahrzeug/Feuerwehr) auszubilden, um zu schnelles Abbiegen zu unterbinden.
// Die Fahrbahnen im Kreuzungsbereich sollten möglichst aufgepflastert werden, um das Tempo zu reduzieren. Als temporäre Maßnahme könnte der Kreuzungsbereich markiert werden. Dabei müssen die Standards für barrierefreie Kreuzungen beachtet werden (Taktile Leitsysteme mit Doppelquerungen, keine Poller, Sitzwürfel, etc. im Querungsbereich). So ist eine sichere Querung auch für Menschen mit Bewegungseinschränkungen möglich.
// Um ein “wildes” Abstellen von Fahrrädern auf den Gehwegen im Kreuzungsbereich, z.B. an Verkehrsschildern zu vermeiden, werden im direkt angrenzenden Bereich ausreichend Fahrradabstellanlagen eingerichtet.
// Im direkten Umfeld der Kreuzungen werden jeweils vier Lade-/ Lieferzonen sowie Parkmöglichkeiten für Handwerker:innen (LLH-Zonen / aus allen Richtungen anfahrbar) eingerichtet.
Der Weg zu „Siglinde“ / Umsetzungsschritte
Aktuelle Situation
Der Kfz-Verkehr und insbesondere der ruhende Verkehr nimmt viel Fläche in Anspruch. Kreuzungsbereiche werden, auch wenn sie als Sperrflächen markiert sind, regelmäßig zugeparkt und/oder von Lieferdiensten als kurzfristige Haltemöglichkeit missbraucht. Ein sicheres und komfortables Überqueren der Straße ist kaum möglich. Fahrräder werden oft im Gehwegbereich abgestellt und behindern zu Fuß Gehende oder Rollstuhlfahrer:innen zusätzlich.
Schritt 1: kurzfristige Lösung ohne bauliche Umgestaltung
An Kreuzungen und Einmündungen wird der nach StVO geforderte 5m Bereich freigehalten. Dieser Bereich wird als Sperrfläche markiert und, um regelwidriges Parken zu verhindern, abgepollert. Die Kurvenradien der Sperrflächen sind möglichst klein zu halten, um schnelles Abbiegen zu verhindern und querende Fußgänger:innen gut im Sichtfeld der Autofahr:innen zu haben.
Damit alle zu Fuß gehenden oder rollstuhlfahrenden Menschen die Straße sicher und komfortabel überqueren können und auch Kindern eine gute Sicht gewährt wird, sind diese Flächen unbedingt freizuhalten. Dazu gehören nach Möglichkeit auch zusätzliche Elemente der Barrierefreiheit wie taktile Leitsysteme und Doppelquerungen. Die Querungsbereiche sind von Pollern freizuhalten.
Fahrradbügel sollen in ausreichender Anzahl in den an die Sperrflächen angrenzenden Bereichen angeordnet werden. Im Anschluss an die Flächen für die Fahrradabstellanlagen wird je Fahrtrichtung eine Lade- und Lieferzone eingerichtet. Eine regelmäßige Anordnung dieser Zonen trägt dazu bei, dass sie gut auffindbar und in relativ kurzen Abständen angeordnet sind. Das wilde Halten von Lieferdiensten gefährdet Radfahrer:innen und Fußgänger:innen stark und muss zukünftig unbedingt verhindert werden.
Schritt 2: Siglinde / langfristige Lösung mit baulicher Umgestaltung
Die zuvor als Sperrfläche markierten und abgepollerten Bereiche werden in Gehwegflächen (sog. Gehwegnasen) umgestaltet. Ob hier eine Abpollerung weiterhin notwendig ist, sollte zunächst getestet werden. Sollte sich zeigen, dass zu viele Autofahrende weiterhin die StVO missachten, bzw. diese nicht ausreichend durchgesetzt wird, müssen diese Bereiche wieder durch Poller oder andere niedrige Elemente geschützt werden. Die Gehwegnasen sind, wie zuvor die Sperrflächen, unbedingt freizuhalten.
Fahrradabstellplätze und Lade- und Lieferzonen schließen sich wie bei Schritt eins an die Kreuzungsbereiche an. Um den Straßenraum grüner zu gestalten, die Kreuzung aufzuwerten und Frankfurter resilienter gegen den Klimawandel zu machen, sollen im Anschluss an die Gehwegnasen Baumpflanzungen erfolgen.
Die Pflege und Bewässerung der neuen Bäume kann in Form von sog. “Baumpatenschaften” durch engagierte Bürger:innen erfolgen. Die unter den Bäumen entstehenden offenen Baumscheiben, können als Urban Gardening Flächen genutzt und von Bürger:innen bepflanzt werden.
Du willst es genau wissen?
Wir haben unsere Überlegungen zur SiGlinde und auch zu großen Kreuzungen in Frankfurt in einer Broschüre zusammengestellt. Wenn du es genau wissen willst, lade dir gerne die Broschüre herunter und lies dir unsere anderen Gedanken durch. Wir hoffen, dass es in Frankfurt bald ganz viele SiGlindes geben wird!