von Alexander Breit, Stadtplaner und Vertrauensperson des Radentscheid Frankfurt

Der Radentscheid Frankfurt setzt sich für mehr Radverkehr durch bessere Infrastruktur ein. Wir wollen, dass man überall in Frankfurt sicher und bequem Rad fahren kann. Davon haben auf jeden Fall die Radfahrenden etwas. Wir glauben aber, dass alle Frankfurter*innen von besserer Radinfrastruktur profitieren. Wir setzen uns zwar für den Radverkehr ein, aber wir wollen ganz eindeutig nicht, dass darunter der öffentliche Nahverkehr oder der Fußverkehr leiden. Radverkehr ist für uns kein Selbstzweck, sondern ein erster Schritt hin zu einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Mobilität, hin zu einem lebenswerten und attraktiven Frankfurt! Und das wollen hoffentlich alle Frankfurter*innen; egal, wie sie sich in der Stadt fortbewegen.

Gute Radwege: Mehr Lebensqualität für alle. (Foto: Wikimedia)

Radentscheid für Fußgänger*innen

Ein häufiges Gegenargument, das wir hören, ist: „Ich will euch nicht unterstützen, weil Radfahrer*innen mich ständig auf dem Gehweg fast umfahren.“ Diese Einstellung ist für uns schwer nachzuvollziehen, denn unsere Forderungen würden ja gerade dazu führen, dass das nicht mehr passiert.

Die wenigsten Radler*innen fahren auf dem Bürgersteig, um Fußgänger*innen zu ärgern, sondern sie tun es, weil die Radinfrastruktur schlecht und/oder der Weg über den Bürgersteig viel kürzer ist (was dies nicht entschuldigen soll). Gut ausgebaute und schnelle Radwege würden durch eine Trennung von Fuß- und Radverkehr genau das verhindern.

So sieht es häufig aus Radfahrerperspektive aus (Foto: Pixabay)

Radentscheid für Autofahrer*innen

Auch Autofahrer*innen sollten sich über bessere Radinfrastruktur freuen: fahren mehr Menschen mit dem Fahrrad, ist plötzlich viel mehr Platz auf der Straße – ein Fahrrad nimmt bei ca. 30 km/h nur 2/3 des Platzes ein, den ein Auto benötigt; ein Autoparkplatz kann ca. 10 Fahrräder aufnehmen (Zukunft Mobilität, 2017). Mehr Menschen auf dem Radweg bedeuten damit mehr Platz auf den Autospuren.

So viel Platz verbraucht ein Kleinwagen (!) – meist zum Transport einer Person (Foto: Wikimedia)

Bessere Infrastruktur sorgt gleichzeitig für ein geringeres Unfallrisiko – denn kein*e Autofahrer*in will unverschuldet einen Unfall verursachen.

Radentscheid für Bus- und Bahnfahrende

Wenn mehr Menschen Fahrrad fahren, ist gleichzeitig auch mehr Platz in Bussen und Bahnen. Diese sind momentan zur Hauptverkehrszeit in Frankfurt regelmäßig überlastet, und das wird sich in den nächsten Jahren mit zunehmender Bevölkerung eher noch verschlimmern. Gleichzeitig sorgt mehr Radverkehr dafür, dass Busse auch flüssiger fahren können, da weniger Autos unterwegs sind und durch die getrennte Infrastruktur Radfahrende von Busspuren ferngehalten werden.

Der Nahverkehr ist an der Kapazitätsgrenze. (Foto: Flickr)

Radentscheid für Gewerbetreibende

Auch Gewerbetreibende hätten von mehr Radverkehr große Vorteile. Da ist zum einen das große Potenzial von Lastenrädern, sowohl für Logistik als auch für das Handwerk. Lastenräder sind gerade im Stadtverkehr häufig schneller, wendiger und flexibler als Autos und können damit Handwerkern und Logistikdienstleistern große Dienste erweisen.

Das Projekt „Ich entlaste Städte“ bietet Gewerbetreibenden kostenlos Testräder an

Zum anderen gilt auch hier: wenn mehr Menschen Fahrrad fahren, ist mehr Platz auf der Straße – und damit auch mehr Platz für die Handwerker, die nach wie vor auf ein Auto angewiesen sind.

Arbeitgeber profitieren, weil Radverkehr sich positiv auf die Gesundheit auswirkt und radelnde Angestellte damit fitter, gesünder und wacher am Arbeitsplatz sind. (Gill, Celis-Morales, 2017)

Hinzu kommt das Thema des betrieblichen Mobilitätsmanagements – wenn weniger Menschen mit dem Auto zur Arbeit kommen, kann die Firma Geld beim Unterhalt der Parkplätze sparen, da weniger Parkflächen vorgehalten werden müssen.

Auch der Einzelhandel und die Gastronomie profitiert: weniger Lärm und weniger Parkplätze bedeuten attraktivere Straßen, bedeuten mehr Laufkundschaft und mehr Gäste für Außengastronomie. Radfahrende kaufen im Schnitt zwar weniger pro Einkauf in Geschäften ein, sind aber dafür öfter dort. Auf lange Sicht bringen Radfahrende damit mindestens genauso viel Umsatz wie Kunden, die mit dem KFZ anreisen, wenn nicht sogar mehr. (European Cyclists´Federation)

Radentscheid für Alle!

Ist das alternativlos? (Foto: torange)

Schlussendlich gibt es auch Verbesserungen, von denen alle Frankfurter*innen profitieren – egal, wie sie sich fortbewegen. Da wäre zu nennen die bessere Luft. Fahrräder stoßen keine Abgase aus und verursachen wesentlich weniger Feinstaub durch Gummiabrieb als Autos. (Köllner, 2018)

Gerade mit dem aktuellen Urteil zu Fahrverboten in Frankfurt ist dieses Thema brandaktuell (Bericht der Frankfurter Rundschau). Fahrradverkehr kann zwar nicht allein die Lösung sein, um die Luftqualität auf ein erträgliches Maß zu senken (dazu spielen hier zu viele Faktoren zusammen), kann aber doch auf jeden Fall einen Beitrag hierzu leisten.

Dann ist da der Lärm: Wir wissen inzwischen, dass dauerhafte intensive Lärmbelastung (und dazu gehört auch auf jeden Fall Verkehrslärm) große gesundheitliche und psychische Schäden verursachen kann. Gerade an Hauptverkehrsstraßen, wo das Verkehrsaufkommen besonders hoch ist, leiden die Anwohner*innen unter der stressverursachenden Lärmbelastung. Natürlich gibt es zahlreiche bauliche Lärmschutzmaßnahmen wie neue Fenster, Lärmschutzwände usw. Aber wäre es nicht viel sinnvoller, einfach den Lärm an der Quelle zu reduzieren? Fahrräder verursachen quasi keinen Lärm im Verkehr; wenn also viele Menschen vom Auto auf das Fahrrad umsteigen, wäre das besser als jede Lärmschutzmauer.

Und schlussendlich verbrauchen Fahrräder einfach sehr wenig Platz, sowohl auf der Straße im Verkehr als auch geparkt. Momentan wird ein unverhältnismäßig großer Teil des öffentlichen Raums für das Parken von privaten KFZ verwendet. Gleichzeitig finden wir mehrspurige Hauptverkehrsstraßen, die Stadtviertel zerschneiden und ihre Umgebung belasten. Dieser Platz könnte auch anderweitig genutzt werden: zum einen für Radverkehr und Fahrradparkplätze natürlich. Auf dem dadurch frei werdenden Platz könnte man Bäume pflanzen, Tische und Stühle hinstellen, Spielplätze anlegen und vieles mehr. Die Möglichkeiten sind endlos.

Fazit: Mehr Radverkehr macht Frankfurt lebenswerter – für Alle!

Die Stadt gehört den Menschen (Foto: Flickr)

Literaturverzeichnis