Wir als Radentscheid Frankfurt haben uns mit dem Magistrat und Vertretern der regierenden Fraktionen in der Stadtverordnetenversammlung (CDU, SPD, Grüne) auf ein Maßnahmenpaket für den Radverkehr in Frankfurt geeinigt. Im Gegenzug werden wir einen Bürgerentscheid nicht weiter verfolgen.
Dieses Paket ist die Phase 1 zur Umsetzung unserer Radnetzplanung #NeueWegeFFM.

Was genau steht in der Einigung?

Das Maßnahmenpaket enthält konkrete Festsetzungen und Maßnahmen für alle Forderungen des Radentscheides. Darüber hinaus werden Hauptstraßen, Nebenstraßen, Kreuzungen und Trassen konkret benannt, die prioritär umgesetzt werden sollen. Außerdem finden darin Themen, die nicht Teil der Forderungen des Bürgerbegehrens sind: insbesondere die Einrichtung von Fahrradstraßen sowie auch die Einführung einer Fahrradstaffel bei der Polizei, um Verkehrssünder*innen konsequenter verfolgen und bestrafen zu können. Alle diese Maßnahmen werden auch durch entsprechende Finanzmittel abgesichert, sowohl für das zusätzliche Personal (Polizei und Planer*innen-Stellen) als auch für die baulichen Maßnahmen.
In ihrem Umfang und ihrer Konkretheit geht diese Einigung weit über alles hinaus, was die Stadt Frankfurt in den letzten Jahren zum Thema Radverkehr beschlossen hat. Die Menge der definierten Maßnahmen ist enorm und wird die Planer*innen der Stadt fordern; die Nennung konkreter Maßnahmen, insbesondere auf den Hauptstraßen, ist eine sehr gute Grundlage, um jetzt schnell in die Planung und Umsetzung einsteigen zu können. Das Besondere an dieser Einigung ist, dass sie durch uns als Radentscheid in Zusammenarbeit mit Politik und Verwaltung erarbeitet worden ist. Auch wenn das Paket noch nicht endgültig beschlossen ist, glauben wir daher, dass der Wille zur Umsetzung vorhanden ist.

Wie ist der rechtliche Status des Bürgerentscheids?

Es gibt hier zwei Komponenten: zum einen das Maßnahmenpaket NeueWegeFFM – Phase 1, zum anderen die rechtliche Unzulässigkeit des Bürgerentscheids.

Das Maßnahmenpaket NeueWegeFFM – Phase 1 ist nun veröffentlicht und wird nun in der Bevölkerung und der Politik (u.a. im Verkehrsausschuss) diskutiert werden. Im Juli und August können sämtliche Ortsbeiräte, die in den verschiedenen Stadtteilen eine große Rolle für die Entscheidungen spielen, das Papier ebenfalls diskutieren und ihre Rückmeldungen in die Stadtverordnetenversammlung geben. Danach wird das Papier erneut in den Verkehrsausschuss eingebracht, um dann in der darauffolgenden Sitzung der gesamten Stadtverordnetenversammlung beschlossen zu werden. Wir gehen momentan davon aus, dass das Ende August sein wird.

Darauf folgt eine weitere wichtige Entscheidung: der Beschluss über den Doppelhaushalt für die Jahre 2020 und 2021. Dieser wird erst gegen Ende des Jahres, möglicherweise auch erst Anfang nächsten Jahres beschlossen. In diesem Haushalt werden sich die Mittel für das Maßnahmenpaket wiederfinden, sodass der Bau der neuen Radwege auch finanziell abgesichert ist.

Über die rechtliche Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens wurde noch nicht abschließend entschieden. Der Magistrat hat eine entsprechende Vorlage bei der Stadtverordnetenversammlung eingebracht, diese hat aber noch nicht darüber abgestimmt. Nach einer Unzulässigkeitserklärung hätten wir lediglich vier Wochen Zeit, juristisch dagegen vorzugehen. Daher haben wir uns in den Verhandlungen darauf geeinigt, dass die Vorlage zurückgestellt wird, bis der Haushalt beschlossen ist. Durch die Zurückstellung bleibt uns also die Möglichkeit der Klage erhalten, bis der Haushalt und damit das Geld für die neuen Radwege beschlossen ist – erst dann werden wir formell für unzulässig erklärt.

Warum lassen wir uns auf dieses Vorgehen ein?

Die Einigung erfüllt die sieben gestellten Forderungen des Bürgerentscheids, nicht aber alle von uns geplanten Hauptstraßen und im Rahmen unserer Radnetzplanung #NeueWegeFFM vorgestellten konkreten Maßnahmen. Wir akzeptieren die Einigung trotzdem, denn wir erkennen an, dass aus praktischen Gründen nicht alle Maßnahmen sofort umsetzbar sind, und auch, dass in der regierenden Koalition unterschiedliche Positionen zum Radverkehr zu finden sind, auf die in der Einigung Rücksicht zu nehmen ist. So wie wir auch nicht alles komplett durchgesetzt haben, so haben auch die politischen Parteien Kompromissfähigkeit gezeigt – und das fertige Papier geht inhaltlich weit über alle bisherigen Bemühungen der Stadt Frankfurt zum Radverkehr hinaus und ist ein Meilenstein für den Radverkehr in Frankfurt!

Aus unserer Sicht besteht der große Wert dieser Einigung darin, dass wir sie gemeinsam mit Politik und Verwaltung erarbeitet haben. Durch diese gemeinsame Entwicklung ist sie nicht von außen aufgezwungen, sondern die Stadtverordnetenversammlung und die Planer*innen in der Verwaltung stehen hinter der Einigung. Deshalb gehen wir davon aus, dass die Maßnahmen wie vereinbart schnell in die Umsetzung gehen.

Dadurch, dass die Einigung auch frei von den rechtlichen Begrenzungen eines Bürgerbegehrens ist, konnten wir dort auch Themen ansprechen, die wir aus juristischen Gründen im Bürgerbegehren gar nicht fordern durften – wie die Einrichtung von Fahrradstraßen sowie eine Fahrradstaffel bei der Polizei, aber auch Ampelschaltungen (grüne Welle für Fahrräder).

Außerdem waren wir mit der Einigung in der Lage, einen der Hauptkritikpunkte am Bürgerbegehren direkt anzugehen – seine mangelnde Konkretheit. Die genannten Hauptstraßen, Nebenstraßen, Trassen und Kreuzungen schaffen Klarheit und bedeuten auch, dass sofort mit der Planung von Einzelmaßnahmen begonnen werden kann.

Wir mussten davon ausgehen, dass der Radentscheid Frankfurt durch die Stadtverordnetenversammlung für rechtlich unzulässig erklärt werden würde. Das heißt, wenn wir zu keiner Einigung gekommen wären, wäre die Alternative eine Klage gegen die Unzulässigkeit gewesen. Wir waren und sind zum Klagen bereit, denn wir sind der Meinung, dass wir sauber gearbeitet haben und dass der Radverkehr in Frankfurt endlich ordentlich gefördert werden muss. Eine Klage hätte aber mindestens ein bis zwei Jahre verhandelt werden müssen – und in dieser Zeit wären keine Radwege gebaut worden. Die Einigung bedeutet, dass noch dieses Jahr erste Maßnahmen geplant und evtl. umgesetzt werden können; mit dem neuen Haushalt 2020/21 geht es dann richtig los.

Manche Radwege werden zunächst provisorisch angelegt. Warum?

Da die Antwort den Rahmen hier sprengt, gibt es einen eigenen Blogartikel dazu: „Provisorische Radinfrastruktur – Warum Verkehrsversuche manchmal ein guter Anfang sind“

Wie geht es jetzt weiter mit dem Radentscheid Frankfurt?

Die Einigung und der (dann bald erfolgte) Beschluss der Stadtverordnetenversammlung sind ein großer Schritt für den Radverkehr in Frankfurt. Aber sie sind erst der Anfang! So wie wir auch nach einem gewonnen Bürgerentscheid noch keinen Meter Radweg mehr gehabt hätten, so müssen wir auch jetzt nach der Einigung am Ball bleiben und die Umsetzung einfordern. Wir glauben, dass Politik und Verwaltung es ernst meinen und auch wollen, dass die in der Einigung genannten Maßnahmen schnell umgesetzt werden. Trotzdem wird es bei jeder einzelnen Maßnahme zu Diskussionen kommen: um wegfallende Parkplätze, um leidende Einzelhändler, usw. Wir haben diese Argumente alle schon gehört und wir haben sie auch alle schon entkräftet, aber trotzdem stellen wir uns auf weitere Diskussionen ein. Auch kämpfen wir um weitere Lückenschlüsse wie zum Beispiel an der Eschersheimer Landstraße, die in der aktuellen Einigung nicht kompromissfähig waren oder über die 45 km Hauptstraßen hinausgingen. Und dafür brauchen wir auch weiterhin die Unterstützung der Frankfurter Bürger*innen: auf der Straße, im Pausenraum, in den Ortsbeiräten, im Verkehrsausschuss. Wir versprechen: Der Radentscheid lässt nicht locker!

Der Weg in die Zukunft ist ein Radweg.

Koalitionsantrag (pdf) zum Download