Die zentrale Forderung des Radentscheid Frankfurt ist die Einrichtung von baulich getrennten Radwegen an Hauptverkehrsstraßen. Die Fahrradinfrastruktur in Frankfurt ist an fast allen Hauptverkehrsstraßen nur akzeptabel bis mangelhaft; wirklich gute Radwege gibt es in Frankfurt fast überhaupt nicht.

Lebensgefährlicher Radweg, spätestens bei geöffneter Autotür….

Das Fahrrad hat eine Unmenge an Vorteilen, nicht nur für Radfahrende, sondern für alle Frankfurterinnen und Frankfurter. Damit das Fahrrad diese Vorteile aber auch wirklich ausspielen kann, müssen die Radwege auch tatsächlich von allen Menschen nutzbar sein, und zwar ohne Angst! Wir wollen, dass alle Menschen, von 8 bis 88 Jahren, sich aufs Rad trauen, ohne darüber nachdenken zu müssen, und wir wollen, dass alle Menschen auf den Frankfurter Hauptstraßen entspannt radeln können, ohne sich ständig nervös nach den Autos und LKWs umdrehen zu müssen. Nur, wenn das so ist, wird Frankfurt wirklich zu einer Fahrradstadt werden und damit das Leben in der Stadt schöner, gesünder und klimafreundlicher.
Damit das so ist, muss die Infrastruktur in erster Linie gut benutzbar und sicher sein. Wenn wir Radinfrastruktur bewerten, fragen wir: „Würden wir ein achtjähriges Kind dort fahren lassen?“ Nur, wenn die Antwort „ja“ lautet, ist es ein guter Radweg.

Mischverkehr ist nicht sicher
Uns begegnet in Diskussionen immer wieder das Argument, dass das Fahren im Mischverkehr, also Radverkehr und Autos/LKWs zusammen in einer Spur, sicherer ist, weil die Autofahrerinnen dann die Radlerinnen besser sehen können. Das mag zwar theoretisch richtig sein, in der Praxis haben Radfahrende dann aber die Wahl, entweder sicher in der Mitte der Spur zu fahren und dann von eiligen Autofahrenden bedrängt und angehupt zu werden oder am Fahrbahnrand zu fahren und sich dort der Gefahr von aggressivem Überholen und Dooring-Unfällen auszusetzen. Geübte Radfahrer, die auch ein höheres Tempo fahren, können im Mischverkehr sicher mitfahren; Menschen, die selten Rad fahren, fühlen sich in einer solchen Umgebung unsicher, und das zurecht.

Schutz- und Fahrstreifen: Farbe reicht nicht aus!
Schutzstreifen sind durch gestrichelte Linien abgetrennte Fahrbahnstreifen für Fahrräder, die bei Bedarf auch durch Autos befahren werden dürfen. Sie werden eingesetzt, wenn aus Sicht der Planer*innen nicht genug Platz für einen eigene Radstreifen ist. Dem gegenüber stehen Radfahrstreifen. Diese sind durch eine durchgehende Linie (und manchmal auch durch eine farbige Fläche) markiert und dürfen von Autos nicht befahren werden. Solche Radwege sind besser als Mischverkehr, aber aus unserer Sicht auch keine ausreichende Infrastruktur. Zum einen suggerieren insbesondere Schutzstreifen den Autofahrer*innen, dass Radfahrende noch dichter überholt werden können – schließlich haben sie eine eigene Fahrspur. Gesetzlich vorgeschrieben ist ein „ausreichender“ Abstand (§5 Abs. 4 S. 2 StVO); in der Praxis hat sich über Gerichtsurteile ein Wert von 1,5 m etabliert. Dieser wird regelmäßig unterschritten und führt zu gefährlichen Situationen und Unfällen.
Zum anderen werden baulich nicht getrennte Radwege von motorisierten Verkehrsteilnehmer*innen häufig nicht beachtet. In Frankfurt werden Radwege regelmäßig zugeparkt und sind dann unbenutzbar; schlimmer noch, zugeparkte Radwege führen dazu, dass Radfahrer*innen sich plötzlich in den fließenden Verkehr einordnen müssen – auch das eine Quelle von gefährlichen Situationen und Unfällen. Falschparken ist kein Kavaliersdelikt, sondern gefährdet Menschenleben.

Gutes Beispiel: Kopenhagen

Leider werden die geltenden Regeln zum Parken in Frankfurt zu wenig durch Strafzettel und Abschleppen durchgesetzt; aus unserer Sicht sind auch die von Bundesebene vorgegebenen Bußgelder zu niedrig.
Wir akzeptieren Schutzstreifen in Ausnahmefällen schweres Herzens, wenn aufgrund des extrem engen Straßenquerschnitts keine bauliche Trennung möglich ist; dies muss aber der absolute Ausnahmefall bleiben!

Bauliche Trennung – Sicherheitsgefühl und freie Radwege
Demgegenüber stehen baulich getrennte Radwege. Eine solche bauliche Trennung kann ganz verschiedene Formen annehmen. Poller auf der Straße (wie jüngst an der Kurt-Schumacher-Straße nach einem tödlichen Unfall aufgestellt), ein durchgehender Bordstein (z.B. in Frankfurt schon an der Bockenheimer Landstraße), oder, wo der Platz ausreicht, sogar ein Grünstreifen zwischen Auto- und Radverkehr. Die bauliche Trennung verhindert, dass der Radweg beparkt wird und vermeidet gleichzeitig die im Mischverkehr auftretenden Konflikte zwischen den verschiedenen Verkehrsarten.

Kurt-Schumacher-Straße (Frankfurt)

Gute Infrastruktur hat einen deutlichen und messbaren Effekt auf die Verkehrssicherheit. In den Niederlanden ist der Radverkehr zwischen 1980 und 2005 um 45 % gestiegen; tödliche Unfälle sind im gleichen Zeitraum um 58 % gesunken! Die Niederlande haben in dieser Zeit massiv in Radinfrastruktur investiert, und diese Investition hat sich bezahlt gemacht. Bauliche Trennung sorgt nachweislich für mehr Sicherheit, sogar für Autofahrer*innen. Die Sicherheit von Fußgängerinnen und Radfahrerinnen wird generell dann höher, wenn mehr von ihnen unterwegs sind; d.h. die Stadt Frankfurt sollte, um Unfälle zu vermeiden, alles dafür tun, mehr Menschen zum zu Fuß gehen und zum Rad fahren zu bringen! Deshalb setzen wir als Radentscheid Frankfurt uns nicht einfach nur für mehr Radwege ein, sondern bestehen auf die bauliche Trennung! Nur wenn die Radwege sich sicher anfühlen und auch sicher sind, werden sie auch von Gelegenheitsradler*innen angenommen werden, und dann kann Frankfurt zur Fahrradstadt werden.

Alexander Breit ist Stadtplaner und Vertrauensperson des Radentscheid Frankfurt

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